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Paradebeispiel – Der Dialog

Paradebeispiel – Der Dialog

In vielen Organisationen wird kommuniziert – viel, schnell, laut. Doch wirklich verstanden fühlen sich die wenigsten. Was passiert, wenn Teams sich wieder wirklich zuhören? Diese Frage stand am Anfang eines Experiments in einem mittelständischen Maschinenbauunternehmen, das mit internen Spannungen kämpfte.

Die Situation

Zwischen Konstruktion und Fertigung herrschte seit Monaten dicke Luft. Missverständnisse in der Übergabe, Verzögerungen in der Umsetzung, gegenseitige Schuldzuweisungen. Die Effekte waren sichtbar: Frustrierte Mitarbeitende, steigender Nachbearbeitungsaufwand, Zeitverlust und eine lähmende Entscheidungskultur.

Die Geschäftsführung erkannte: Noch ein Meeting würde nichts lösen. Es brauchte etwas anderes.

Die Intervention: Dialog statt Debatte

Auf mein Anraten hin, luden sie beide Bereiche zu einem strukturieren Dialograum ein. Kein Flipchart, keine Agenda, kein Lösungspapier – nur ein Kreis aus Menschen, ein Redegegenstand und die klare Einladung: zuhören, wahrnehmen, sprechen – nicht reagieren.

Die Regeln waren einfach:

  • Es gibt kein Ziel, nur die gemeinsame Erkundung des Themas.

  • Jeder spricht nur, wenn er an der Reihe ist und sich wirklich innerlich berührt fühlt.

Was geschah

In den ersten Minuten: Schweigen. Ungewohnt. Irritierend. Dann langsam: Worte, leise, vorsichtig. Erste persönliche Einblicke: „Ich habe das Gefühl, ihr zieht nicht mit.“ – „Wir wissen oft gar nicht, was ihr wirklich braucht.“

Nach rund einer Stunde wurde bereits sichtbar, was zuvor überdeckt war: Nicht Unwille oder Inkompetenz standen zwischen den Bereichen, sondern ungeklärte Erwartungen, Unsicherheit und das Gefühl, nicht gehört zu werden.

Die Wirkung

  • In der Woche nach dem Dialog trafen sich beide Bereiche freiwillig, um zwei kritische Schnittstellen gemeinsam neu zu definieren.

  • Das Klima veränderte sich. Emails wurden weniger, Gespräche häufiger.

  • Ein erfahrener Mitarbeiter aus der Fertigung sagte später: „Zum ersten Mal habe ich verstanden, warum die uns so fordern – und ich habe gemerkt, dass sie uns wirklich brauchen.“

Dialog ist kein Luxus.

Er ist Voraussetzung für Zusammenarbeit.
Wo wir den Raum schaffen, dass Menschen sich zeigen können – jenseits von Rollen und Zuständigkeiten –, entstehen Lösungen, die vorher unmöglich schienen.
Nicht, weil wir besser argumentieren, sondern weil wir beginnen, gemeinsam zu denken.