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Der Circle

Der Circle

eine oft übersehene Grundlage für tragfähige Entscheidungen.

Der Circle, oder Kreis, ist eine der ältesten Formen des Dialogs und des gemeinsamen Nachdenkens. Über Kulturen und Zeiten hinweg saßen Menschen im Kreis, um zuzuhören, zu sprechen und gemeinsam zu klären, was anstand. Diese bewährte Praxis wird heute in Unternehmen zunehmend genutzt, um mit komplexen Fragestellungen, Unsicherheiten und Spannungen umzugehen – besonders dann, wenn klassische Meetingformate an ihre Grenzen stoßen.

Was ist der Circle?

Im Circle sitzen alle Teilnehmenden in einem offenen Kreis – ohne Hierarchie, ohne Agenda im klassischen Sinn. Alle Stimmen haben gleiches Gewicht, unabhängig von Funktion oder Position. Der Circle folgt einer klaren Struktur, die von einer Host-Person gehalten wird, und nutzt oft ein Sprechobjekt, das anzeigt, wer gerade spricht.

Im Zentrum des Kreises steht ein Anliegen, eine Frage oder eine Herausforderung. Ziel ist es nicht, sofort Lösungen zu finden, sondern zunächst verschiedene Perspektiven, Gedanken und Gefühle in den Raum zu holen. Dieser Schritt schafft ein tieferes gemeinsames Verständnis – eine oft übersehene Grundlage für tragfähige Entscheidungen.

Nutzen für den Unternehmenskontext

In Organisationen wird der Circle gezielt eingesetzt, wenn:

  • Eine komplexe Herausforderung oder Veränderung ansteht.

  • Verschiedene Perspektiven im Raum sind, die oft ungehört bleiben.

  • Spannungen oder Unsicherheiten die Handlungsfähigkeit hemmen.

  • Entscheidungen getroffen werden sollen, ohne die Dynamik dahinter wirklich verstanden zu haben.

Der Circle hilft, die Situation gemeinsam zu durchdringen, bevor voreilig in Lösungsräume gesprungen wird.

Warum ist das wertvoll?

  • Bessere Lösungen durch kollektive Intelligenz: Indem Mitarbeitende ihre Sichtweisen teilen – ohne direkt bewertet oder hinterfragt zu werden – entsteht ein vollständigeres Bild der Situation. Oft werden blinde Flecken sichtbar, die in klassischen Diskussionen übersehen werden.

  • Höhere Akzeptanz und Mitverantwortung: Menschen unterstützen Lösungen eher, wenn sie den Raum hatten, sich einzubringen – und wenn sie sehen, dass ihre Perspektiven berücksichtigt wurden.

  • Klarheit, worum es wirklich geht: In vielen Unternehmen wird zu schnell „gemacht“, ohne das Problem wirklich verstanden zu haben. Circle hilft, das eigentliche Anliegen herauszuarbeiten.

  • Stärkung von Dialogkultur: Der Circle trainiert Fähigkeiten, die in modernen Organisationen entscheidend sind: Zuhören, Ambiguität aushalten, verschiedene Wirklichkeiten anerkennen.

Der Circle als Führungsinstrument

Für Führungskräfte bietet der Circle ein kraftvolles Instrument, um Mitarbeitende in Entscheidungsprozesse einzubeziehen, ohne dabei die Verantwortung abzugeben. Die Führungskraft bleibt Entscheider:in – nutzt den Circle jedoch bewusst, um zu verstehen, womit man es wirklich zu tun hat, bevor Wege und Lösungen gewählt werden.

In einer Zeit, in der schnelle Antworten gefragt sind, lädt der Circle dazu ein, zunächst die richtigen Fragen zu stellen.

Anleitung

Setup – Vorbereitung des Circle

  • Kläre Anlass und Ziel des Circle (z.B. Herausforderung verstehen, Spannungen klären).

  • Lade gezielt betroffene oder relevante Personen ein.

  • Erkläre in der Einladung kurz, was ein Circle ist und wofür ihr ihn nutzt.

  • Wähle einen ruhigen, störungsfreien Raum.

  • Stelle die Stühle im offenen Kreis ohne Tisch auf.

  • Platziere ein Zentrum in der Mitte (Kerze, Objekt, Karte als Symbol des Anliegens).

  • Bereite ein Sprechobjekt vor (Stein, Holzstück, Ball…), falls gewünscht.

  • Definiere den zeitlichen Rahmen.

Durchführung – Ablauf des Circle

  1. Begrüßung und Erklärung:

    • Begrüße die Teilnehmenden.

    • Stelle Sinn und Ablauf des Circle kurz vor.

    • Erläutere die Circle-Prinzipien:

      • Wer spricht, spricht aus der Ich-Perspektive.

      • Wer nicht spricht, hört aktiv zu.

      • Das Sprechobjekt zeigt an, wer spricht.

      • Die Person mit dem Sprechobjekt  drei Optionen. Sprechen, fragen oder schweigen.

      • Keine Diskussion, kein Kommentieren.

      • Stille ist willkommen.

      • Alles bleibt vertraulich im Raum.

  2. Eröffnungsfrage setzen:

    • Formuliere eine offene, klärende Frage (z.B. „Was bewegt dich in Bezug auf…?“).

  3. Gesprächsrunden:

    • Reiche das Sprechobjekt im Uhrzeigersinn.

    • Mindestens eine vollständige Runde (oft 2–3 Runden sinnvoll).

    • Halte Stille und Pausen bewusst aus.

    • Ermutige zu authentischem, persönlichem Beitrag – kein Müssen.

  4. Abschlussrunde:

    • Optional: Abschlussfrage (z.B. „Was nehme ich für mich mit?“).

    • Bedanke dich bei allen.

    • Kläre weitere Schritte (Entscheidungsprozess, Follow-up).

Moderation – Rolle des Hosts

  • Halte den Rahmen, achte auf die Einhaltung der Circle-Prinzipien.

  • Sei selbst Teilnehmende:r, aber mit Verantwortung für den Prozess.

  • Halte Störungen fern, achte auf Atmosphäre und Energie im Raum.

  • Sei präsent, wertschätzend und offen – ohne zu bewerten oder einzugreifen.

  • Vertraue dem Prozess – auch wenn es „langsam“ oder „offen“ wirkt.

  • Schließe den Circle bewusst, z.B. durch Dank, Symbolhandlung, Abschlussrunde.