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Vision 2020 – Konrad Knoblauch GmbH

Vision 2020 – Konrad Knoblauch GmbH

Vision bei 100 km/h:
Ein Experiment zwischen Autobahn und Lagerfeuer.

Manchmal entstehen die komplexesten Projekte aus den einfachsten Begegnungen. Ein Kaffee in Markdorf, ein Händedruck mit Jürgen Zahn von der Konrad Knoblauch GmbH und ein gemeinsamer Nenner: Die Lust, Dinge nicht so zu machen, wie man sie „halt macht“.

Die Aufgabenstellung, die kurz darauf im Raum stand, klang zunächst simpel, entpuppte sich aber schnell als psychologisches und logistisches Puzzle: „Wir wollen wissen, wo die Mitarbeiter die Firma in zwei Jahren sehen.“

Klingt nach einer Standard-Umfrage? Eben nicht. Denn die Bedingung war: Wir brauchen die ungeschminkte Wahrheit. Keine politisch korrekten Antworten, weil der Chef zuhört. Wir brauchten die authentische Perspektive von 30 Individuen auf das große Ganze. Und das alles im Rahmen eines Roadtrips nach Münster.

Die Sardinenbüchsen-Herausforderung

Der Rahmen war gesetzt: Ein zweitägiger Trip, zwei Kundenbesuche (Pistole Hardcore Food & OPUS), 30 Mitarbeiter und ein Doppeldeckerbus.

Jeder, der schon einmal 9 Stunden in einem Bus saß, weiß: Das ist kein Ort für geistige Höhenflüge. Es ist ein Ort für Schlafmasken und Podcasts. Meine Herausforderung war es, genau diesen toten Raum in eine Innovationsschmiede zu verwandeln.

Wir wussten, dass wir scheitern könnten. Trotzdem bauten wir ein Szenario für die Autobahn: Wir nutzten die 4er-Sitzgruppen im Unterdeck als Rotationsmaschinen. Statt stumpfem Brainstorming gab es Rollenspiele. Ein Mitarbeiter präsentierte sein „Hausaufgaben-Plakat“ (Thema: Innovation), während die anderen in Rollen wie „Die Brücke zu Knoblauch“ oder „Der Mehrwert“ schlüpften. Meine Kollegin Dragana und ich saßen als „Spitzel“ daneben – Protokollanten im Rausch der Geschwindigkeit.

Überraschenderweise funktionierte es. Die Enge schuf keine Klaustrophobie, sondern Fokus. Die Autobahn wurde zum Inkubator.

Vom Bus ins Feuerwerk – und in die Realität

Nach 9 Stunden Kopfarbeit landeten wir bei Pistole Hardcore Food. Um den Bus-Mief abzuschütteln, verordneten wir ein „Gehspräch“. Bewaffnet mit Klemmbrettern schwärmten die Teams auf dem weitläufigen Hofgut aus. Die Frage: „Worin sind wir als Unternehmen wirklich gut?“

Der Abend endete, wie gute Abende enden müssen: Mit Feuerwerk, exzellentem Essen und ausgelassenen Gesprächen. Doch genau hier lauerte die Falle für den nächsten Tag.

Wenn der Plan auf das Leben trifft

Tag 2 sollte eigentlich im Zeichen der „Heldenreise“ stehen – ein tiefgehender Workshop bei der Firma OPUS. Doch die Realität hatte andere Pläne. Eine lange Nacht, eine umständliche Busroute und ein inspirierender, aber Zeit kostender Vortrag vor Ort fraßen unser Zeitbudget auf.

Hier zeigte sich, dass Moderation vor allem Improvisation ist. Wir mussten den geplanten Workshop streichen. Das tat weh, war aber notwendig. Statt die müde Truppe durch ein komplexes Storytelling-Framework zu peitschen, entschieden wir uns für das Machbare: Eine ehrliche Reflexionsrunde über die Eindrücke bei Pistole und OPUS. Wir holten die „Gegenwart“ ab, die „Zukunft“ musste warten.

Der Echoraum

Was bleibt von so einem Trip, wenn der Busmotor aus ist? Um sicherzustellen, dass die Ideen nicht im Kofferraum verstauben, verbrachten wir nach der Rückkehr 16 Stunden damit, einen physischen „Erlebnisraum“ zu bauen. Alle Protokolle, alle Schnipsel, alle Zitate wurden visualisiert. Drei Monate lang stand dieser Raum offen – als begehbares Gedächtnis des Ausflugs für alle, die dabei waren, und vor allem für die, die nicht mitkonnten.

Was wir wirklich gelernt haben

Rückblickend war dieser Visionierungsausflug ein voller Erfolg, der in der Gründung von 9 aktiven Arbeitsgruppen mündete. Aber er war auch eine Lektion in Demut:

  • Arbeit im Bus geht: Entgegen aller Skepsis kann man bei 100 km/h qualitativ hochwertig arbeiten.

  • Weniger ist mehr: Wir wollten zu viel. Die Taktung war zu eng. Wenn der Chef (verständlicherweise) das Gemeinschaftserlebnis priorisiert, muss der Workshop-Leiter seine Ambitionen zurückschrauben.

  • Der „Vibe“ ist nicht konservierbar: Wir versuchten, den ausgefallenen Heldenreise-Workshop Tage später im Büro nachzuholen. Es funktionierte nicht. Die Magie des Roadtrips, das „Wir-Gefühl“ des Ausflugs, ließ sich nicht künstlich reaktivieren.

Am Ende bleibt die Erkenntnis: Eine Vision entsteht nicht nur am Whiteboard. Sie entsteht manchmal auf der A7, zwischen zwei Raststätten, wenn man den Mut hat, den Mitarbeitern einfach zuzuhören.

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