Marketing – künstlich erzeugter Bedarf
Marketing – künstlich
erzeugter Bedarf
Im traditionellen Marketing, das sich seit Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte, stand die Aufgabe im Vordergrund, Produkte und Dienstleistungen an definierte Zielgruppen zu vermitteln. Diese Praxis entstand in einer Zeit, in der Industrialisierung und Massenproduktion die Märkte beherrschten. Mit dem Fokus auf Konsumentenwünsche und -bedürfnisse entwickelte sich Marketing zu einem zentralen Instrument der Kundenzentrierung.
Seit den 1950er Jahren wurde Marketing zunehmend als Mittel eingesetzt, um Wettbewerbsvorteile zu sichern und Werbestrategien erfolgreich umzusetzen. Oft geschah dies durch den Versuch, dem Kunden den Eindruck zu vermitteln, ein bestimmtes Produkt oder eine Dienstleistung zu benötigen.
Aus systemischer Sicht, insbesondere nach dem Ansatz des Open System Models (OSM), lässt sich jedoch feststellen, dass Marketing in dieser Form häufig unsystemische Verhaltensweisen fördert. Viele Unternehmen, auch jene mit ehrlichen, gesellschaftlich positiven Zielen, fallen in das Muster, Emotionen zu nutzen und künstliche Bedürfnisse zu erzeugen, um Konsum zu steigern. Neuromarketing, das versucht, psychologische und neurologische Kaufanreize zu verstehen und zu manipulieren, ist ein Beispiel für diese Entwicklung. Unternehmen, die besonders laut werben, sind häufig jene, deren Angebote den echten Bedürfnissen der Menschen am wenigsten gerecht werden.
Marketing in der systemischen Organisation
Nach den Grundsätzen des Open System Models ist Marketing in seiner traditionellen Form nicht erforderlich. Ein Unternehmen, das auf einem echten gesellschaftlichen Bedarf basiert, erkennt diesen Bedarf als Teil seiner Mission an. Wenn ein Unternehmen wirklich das anbietet, was benötigt wird, entfällt die Notwendigkeit, künstlich Begehrlichkeiten zu wecken. Ein Beispiel wäre ein Unternehmen, das sich dem nachhaltigen Umgang mit Ressourcen widmet und dadurch Produkte und Dienstleistungen wie Energieberatung oder alternative Energiequellen anbietet. Ein solches Unternehmen wäre nicht nur flexibel und innovationsfähig, sondern auch eng mit den tatsächlichen Bedürfnissen der Gesellschaft verbunden.
Die Führung solcher Unternehmen erfordert eine systemische Reife, die durch eine bewusste Ausrichtung auf den gesellschaftlichen Bedarf und die Abkehr von rein marktorientierten Strategien erreicht wird. Entscheidungen basieren auf den tatsächlichen Bedürfnissen, anstatt auf externen Anreizen. Diese Ausrichtung muss jedoch aktiv gefördert und erlernt werden, da Unternehmen traditionell oft darauf konditioniert wurden, auf Wachstum und Konsumentenorientierung zu setzen, ohne Rücksicht auf die Ressourcen und Grenzen des Systems.
Mitarbeitende und authentische Unternehmenskommunikation
In der systemischen Organisationsführung stehen die Mitarbeitenden im Mittelpunkt. Traditionelles Marketing neigt dazu, Mitarbeitende entweder auszublenden oder als Werkzeuge zu benutzen, um das Unternehmen in einem positiven Licht zu präsentieren. Durch authentische Kommunikation und eine ehrliche Darstellung der Unternehmenskultur wird jedoch eine tiefere Bindung zwischen dem Unternehmen, seinen Mitarbeitenden und der Gesellschaft ermöglicht. Der Slogan „Gemeinsam stark für eine grüne Zukunft“ könnte zum Beispiel den Gründungszweck eines nachhaltigen Unternehmens widerspiegeln und Mitarbeitende wie Konsumenten gleichermaßen ansprechen. Diese Authentizität erzeugt langfristig eine stabile und intrinsisch motivierte Belegschaft.
Schlussfolgerung
Marketing, wie es in seiner traditionellen Form verstanden wird, hat in systemisch ausgerichteten Organisationen keinen Platz. Unternehmen, die ihre Existenzberechtigung aus einem echten gesellschaftlichen Bedarf ableiten, sind bereits durch ihre Angebote und ihre Mission in die Gesellschaft eingebettet. Anstatt künstliche Bedürfnisse zu wecken, besteht die Herausforderung darin, die systemische Reife zu fördern und das Unternehmen bewusst auf die Bedürfnisse der Gesellschaft auszurichten. Das führt nicht nur zu einer nachhaltigeren und erfolgreicheren Unternehmensführung, sondern auch zu einer klaren, authentischen Kommunikation, die Kunden, Mitarbeitende und Gesellschaft gleichermaßen erreicht.
Wenn nicht Marketing, was dann?
Systemisch aufgestellte Unternehmen haben mit allen anderen Unternehmen die gleiche Herausforderung: Sichtbarkeit. Der maßgebliche Unterschied ist, dass sie keinen künstlich erzeugten Bedarf überlegen müssen, den sie kommunizieren. Hinzu kommt, das Kunden, welche in Kontakt mit diesen Unternehmen kommen, zu überzeugten Multipikatoren werden.